Rotes Hintergrund-Element mit Karo-Muster

Projekt

Modifiziertes ECS-System zur Elektrischen Hohlraummessung hinter Stahlbeton-Bauteilen

Eine der aktuellsten Fragen, mit der wir uns gerade beschäftigen, lautet: Wie kann man Hohlräume oder Unregelmäßigkeiten hinter Stahlbeton-Bauteilen feststellen? Dazu entwickle ich gerade mit zwei weiteren Partnern aus der Privatwirtschaft ein System zur Elektrischen Hohlraummessung: den Electrical Cavity Scan, kurz ECS.

Die Messelektroden für das System haben wir gerade zum Patent angemeldet: Wir leiten Strom gezielt und definiert in Beton bzw. in das Stahlbeton-Bauteil ein und messen dabei die Widerstände. Aus den Messprotokollen wird ersichtlich, wo sich mögliche Unregelmäßigkeiten oder Hohlräume befinden.

Die Geschichte, wie aus einer anfänglich verrückten Idee letztendlich eine realisierbare Technologie wurde, die sogar patentiert ist, versinnbildlicht aufs Feinste, mit wie viel Spielfreude und Ideenreichtum wir an neue Projekte herangehen.

Alles begann damit, dass ein Kunde Anfang 2016 an uns herantrat, ob wir eine Idee hätten, wie man den Ringspaltmörtel hinter Tübbingsteinen auf mögliche Hohlräume oder Fehlstellen untersuchen kann. Mein erster Gedanke: „Das geht nicht!“ Denn hinter den 45 cm starken Tübbingsteinen befindet sich eine hauchdünne Luftschicht, die jedes Messgerät reflektiert.

Zitat: Wenn etwas getan werden muss, packen wir es an!
Martin Gruber leitet Strom durch ein Bauteil und misst dabei den Widerstand.

Kurz darauf traf ich meinen Kollegen Martin Gruber und erzählte ihm von der Anfrage. Er berichtete mir von einem Bekannten, der seit über 40 Jahren in der Geophysik tätig ist. Vereinfacht gesagt, leitet er Strom durch ein Bauteil und misst dann den Widerstand. Befinden sich Luft oder Wassereinschlüsse hinter dem Stahlbeton-Element, ändert sich der Widerstand.

Und so vereinbarten wir eine Telefonkonferenz mit Dr. Christoph Donié von der Dr. Donié Geo Consult GmbH. Schnell war klar: Wir machen einen Test. Allerdings konnte dieser nicht auf herkömmliche Weise durchgeführt werden, denn in die Tübbingsteine durften keine Löcher zur Aufnahme der Elektroden gebohrt werden. Die Messung musste zerstörungsfrei erfolgen. Das hatte bis dahin noch niemand geschafft. Aber wir wollten es machen.

 Dr. Christoph Donié beim testen.
Foto: Arbeitsbereich

Also schnappte ich mir meine Aktentasche und flog nach Graz. Dr. Donié und Martin Gruber packten einen Transporter voll mit Equipment: 4 Blumentöpfe, eine Holzlatte, 4 Schwämme – alles aus dem Baumarkt. Dazu eine Kiste Kochsalz aus dem Supermarkt und 5 Liter Wasser. Damit fuhren wir in den Tunnel. Wir ließen die Schwämme mit Salzlösung vollsaugen, tauchten die Elektroden in die Schwämme und drückten sie gegen den Beton. So wurde der Strom in den Stein eingeleitet – weltweit erstmalig zerstörungsfrei!

Aus dieser denkwürdigen Messung generierten wir erste Ergebnisse. Der Kunde wollte am liebsten gleich weitermachen, doch wir sagten: „Wir können doch nicht mit Blumentöpfen messen!“ Wir baten uns eine Woche Bedenkzeit aus, schliefen ein paar Mal drüber und entschieden dann: Wir machen weiter! Also gingen wir das Ganze etwas professioneller an. Wir bauten ein ordentliches Gestell mit 30 Elektroden, das per Vakuum an den Untergrund angesaugt wurde. Ein dreiviertel Jahr steckten wir konzentriert in die Konstruktion. Danach meldeten wir unsere Elektroden zum Patent an.

Foto: Konstruktion eines Elektroden.
Zitat: Die Messung musste zerstörungsfrei erfolgen. Das hatte bis dahin noch niemand geschafft.

Eines Tages fragte unser Projektpartner: „Können Sie sich vorstellen, mit Ihrer Technologie auch Karsthohlräume zu messen?“ Eigentlich sollten für die erforderliche Messung zahlreiche Bohrungen gesetzt werden, das wollte jedoch der Tunnelbauer nicht, denn diese Löcher bekommt man nie wieder ganz dicht. Der endgültige Test, ob unser Plan funktioniert, steht kurz bevor. An der Fachhochschule Münster, die einen Versuchsmessstand für Tübbinge besitzt, wird unsere Idee jetzt wissenschaftlich untersucht.

Und so haben wir mit drei Privatpersonen neben unserer ganz normalen Tätigkeit aus eigenen Mitteln ein Projekt finanziert, das eigentlich ein universitäres Forschungsprojekt wäre. Das widerspiegelt unser praxis- und ergebnisorientiertes Denken: Wenn etwas getan werden muss, packen wir es an!